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Schwarze Treppe, blauer Hintergrund, oben auf der Treppe Umrisse von zwei Menschen, die sich die Hand geben Quelle: AdobeStock_179708114_pict_rider.jpg

Unternehmensnachfolge im Münsterland: „Wir wollen die Verantwortlichen frühzeitig abholen“

Warum die Unternehmensnachfolge eine der zentralen Herausforderungen für das Münsterland ist, welche Bedeutung das Thema für zwei der großen Genossenschaftsbanken in der Region hat und was sie ganz persönlich daran reizt, erklären die Experten Guido Block von der VR-Bank Westmünsterland und Christopher Beckmann von der Volksbank Gronau-Ahaus im Interview mit fussstapfen.com.

Herr Beckmann, Herr Block, welchen Stellenwert hat das Thema „Unternehmensnachfolge“ aus Ihrer Sicht im westlichen Münsterland?

Beckmann: Einen sehr hohen! Das Münsterland ist wie kaum eine andere Region von mittelständischen Unternehmen geprägt. Es gibt wenige Konzerne, dafür aber jede Menge inhabergeführte Betriebe und viele der Unternehmerinnen und Unternehmer sind 50 Jahre alt oder älter. Deshalb wird das Thema in den nächsten Jahren noch einmal deutlich an Dynamik gewinnen. Es wird schlagend werden. Umso wichtiger ist es, die Verantwortlichen frühzeitig abzuholen. Und das ist nicht ganz so einfach. Manche Unternehmerin und Unternehmer schiebt das Thema weit von sich weg, weil operative Herausforderungen dringlicher erscheinen. Wenn man allerdings möchte, dass das eigene Lebenswerk erhalten und fortgesetzt wird, und wenn man sicherstellen möchte, dass die Mitarbeiter in Lohn und Brot bleiben, sollte man dieses Thema rechtzeitig auf die Agenda setzen.

Block: Die Dynamik wird zudem verstärkt, weil längst nicht mehr jede Unternehmerin oder jeder Unternehmer einen Nachfolger in der eigenen Familie findet. Das war vor 20 Jahren noch überwiegend der Fall. Familiennachfolgen sind zwar auch heute noch sehr beliebt, es werden aber immer häufiger auch andere Wege eingeschlagen – zum Beispiel, indem langjährige Mitarbeiter übernehmen oder externe Partner und Beteiligungsgesellschaften ins Boot geholt werden.

Christopher Beckmann, Berater bei der Volksbank Gronau-Ahaus
Christopher Beckmann, Berater bei der Volksbank Gronau-Ahaus

Welche Bedeutung hat das Thema für Ihre beiden Häuser?

Block: Eine große! Es gehört zum Selbstverständnis der Genossenschaftsbanken, dass wir unsere Firmenkunden ganzheitlich betreuen. Das führt dazu, dass sich unsere Geschäftsbeziehungen in der Regel über sehr viele Jahre erstrecken. So entstehen enge Bindungen und von unserer Seite auch eine Verantwortlichkeit. Wir wollen ganz einfach, dass die vielen unternehmerischen Erfolgsgeschichten, die wir begleiten dürfen, fortgesetzt werden.

Beckmann: Davon profitieren alle: Die Unternehmerin oder der Unternehmer, weil er oder sie mit einem guten Gefühl – und natürlich auch mit einer angemessenen Dividende – in den Ruhestand gehen kann. Die Mitarbeiter, weil ihr Arbeitsverhältnis bestehen bleibt. Die Region, weil Gewerbesteuern erhalten bleiben und die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Aber auch wir als Genossenschaftsbanken gewinnen, weil wir so die Chance erhalten, die dazugehörigen Kundenbeziehungen fortzusetzen.

Guido Block, VR-Bank Westmünsterland
Guido Block, VR-Bank Westmünsterland

Wie haben sich Ihre beiden Häuser auf die Anforderungen, die sich daraus ergeben, eingestellt?

Block: Mit einer Strategie der frühzeitigen Ansprache. Je früher man eine Übergabe angeht, desto leichter wird diese große Aufgabe, weil man sie in Etappen einteilen kann. Daher ist uns die fachliche und soziale Kompetenz unserer Berater so wichtig: Sie müssen die Signale erkennen, die ein Geschäftsinhaber bewusst oder unbewusst aussendet. Sie müssen einschätzen können, wann und in welcher Form erste Schritte in Richtung Übergabe gemacht werden sollten, und sie müssen dann das nötige Feingefühl haben, dieses sensible Thema seriös anzusprechen.

Beckmann: Wenn die Unternehmensfolge bevor steht, müssen unsere Berater genau einschätzen, welche Möglichkeiten sich dem jeweiligen Unternehmen bieten und wie die konkret angefasst und umgesetzt werden können. Das ist ein komplexer Prozess, an dem in nahezu allen Fällen einige Personen beteiligt sind. Wir agieren in der Regel im engen Verbund mit den beteiligten Steuerberatern, Rechtsanwälten, oder auch mit den Förderbanken und dritten Kapitalgebern.

Block: Weil das Ganze so komplex ist, hat mich die VR-Bank vor einiger Zeit ins Boot geholt. Als Experte für das Thema habe ich auch den Freiraum, mich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen. Mit meinen langjährigen Erfahrungen und meinem Netzwerk stehe ich unseren Firmenkundenberatern jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Ich kümmere mich um die komplexen Fragen und stelle zusätzliche Kapazitäten für den jeweiligen Nachfolgeprozess zur Verfügung. Die klassische Kunde-Berater-Beziehung soll dabei nicht gestört werden, weil ich diese im Rahmen einer Transaktion nicht ersetze, sondern ergänze. Das funktioniert sehr gut.

Beckmann: Am Ende geht es darum, ganzheitliche Konzepte zu entwickeln, von denen der Unternehmer und sein Nachfolger profizieren. Daher ist auch das Netzwerk, das Herr Block anspricht, so wichtig. Aufgrund der guten Vernetzung sind wir in der Lage, relevante Partner zusammenzubringen und gemeinsam starke Konzepte zu entwickeln. Oft hilft uns das Netzwerk sogar dabei, einen geeigneten Nachfolger oder eine Nachfolgeoption zu finden. Denn auch im Münsterland gibt es stille Gesellschafter, die Kapital zur Verfügung stellen. Das ist in der Öffentlichkeit allerdings kaum präsent. Da wir jedoch viele dieser Investoren kennen, sind wir in der Lage, Türen zu öffnen und Optionen zu generieren, die andere vielleicht nicht auf vor Augen haben.

Sanduhr, rötlicher Hintergrund
Bei der Unternehmensnachfolge kommt es auf das richtige Timing an (Foto: AdobeStock_233324009_weyo.jpg)

Beckmann: Es ist vorhin schon angeklungen: Für viele Unternehmerinnen und Unternehmer steht mit der Übergabe das Lebenswerk zur Disposition. Es geht darum, Etabliertes und neue Gedanken derart zusammenzuführen, dass alle Beteiligten am Ende ein für sich tragfähiges Konzept erkennen. Das sind immer kleine Herkulesaufgaben, an deren Ende jedoch im Idealfall ein Ergebnis steht, das die Unternehmerinnen und Unternehmer, ihre Nachfolger und am Ende auch mich als Berater richtig zufriedenstellt. Mir persönlich macht es zudem sehr viel Spaß, potenzielle Gründer und Menschen in ihrem Unternehmergeist zu bestärken und für eine Nachfolge zu begeistern. Das treibt mich an.

Block: Bei mir ist es ähnlich. Mich reizt die Vielseitigkeit des Themas. Unternehmensnachfolge ist weder ein reines Finanzierungsthema noch ein reines betriebswirtschaftliches Thema. Unternehmensnachfolge ist eine Angelegenheit zwischen Menschen, zwischen Emotionen, zwischen Typen. Deshalb wird jede Nachfolge anders aussehen und ein anderes Ziel haben.

Was meinen Sie damit?

Block: Die Herangehensweise an einen Nachfolgeprozess muss immer individuell angepasst werden. Es macht zum Beispiel einen großen Unterschied, ob ich es mit Unternehmern  zu tun habe, die ihren Betrieb zum höchstmöglichen Preis verkaufen wollen, oder ob ich jemanden vor mir habe, dessen größtes Ziel es ist, dass sein Unternehmen in seinem Sinne weitergeführt wird. Beide Ansätze sind legitim und die Erfahrung zeigt, dass beide Aspekte mit jeweils individueller Gewichtung eine Rolle spielen. Daraus ergeben sich aber völlig unterschiedliche Ansatzpunkte und Zielrichtungen für den Nachfolgeprozess. Das zu analysieren und daraus Strategien abzuleiten, finde ich hochspannend. Ich will einfach die beste Lösung für alle Beteiligten finden. Das treibt mich an.

Hand hält umfallende Dominosteine auf
Die Unternehmensnachfolge ist ein einmaliger und komplexer Prozess. Umso wichtiger ist es, einen kompetenten Berater an der Seite zu haben, der Fallstricke kennt und bei Problemen eingreifen kann (Foto: AdobeStock_158807263_beeboys.jpeg)

Warum sollten Unternehmen, bei denen auf kurz oder lang eine Nachfolge ansteht, unbedingt mit Ihnen sprechen?

Block: Eine Unternehmensnachfolge macht man in der Regel nur einmal im Leben. Aus Fehlern, die dabei gemacht werden, kann man nicht mehr lernen. Deshalb bin ich überzeugt, dass es absolut sinnvoll ist, sich einen vertrauensvollen kompetenten Partner an die Seite zu holen.

Beckmann: Anders als für die meisten Unternehmer sind Nachfolgen bei uns eben kein einmaliger Prozess. Wir verfügen über einen reichhaltigen Erfahrungsschatz aus zahlreichen erfolgreichen Übergabeprozessen. Wir kennen die Klippen und wissen, wie man sie umschifft. Wir können aber auch im Kleinen und Zwischenmenschlichen den einen oder anderen Tipp geben. Und nicht zu vergessen: Durch unsere Einbettung in die genossenschaftliche Finanzgruppe, bieten wir ganzheitliche Lösungskonzepte, die weit über die reinen Finanzierungsfragen hinausgehen.

Gibt es vielleicht eine Anekdote, die Sie besonders gern erzählen, wenn Sie mit anderen über Unternehmensnachfolge sprechen?

Block: Am meisten in Erinnerung geblieben ist mir ein Unternehmen, das ich vor einigen Jahren kennengelernt habe. Der Inhaber war damals schon weit über 80 Jahre alt und er wollte den Betrieb eigentlich an seinen Schwiegersohn übergeben. Der war zu dem Zeitpunkt allerdings auch schon 58 Jahre alt. Die Konstellation war fast schon zu klischeebeladen: Während der Senior in einem prunkvollen Büro an einem gediegenen Schreibtisch thronte, darbte der Schwiegersohn in einer Art Abstellkammer. Entscheiden durfte er nichts. Am Ende des Tages hat diese Nachfolge auch nicht selbstbestimmt funktioniert. Die Zeit war einfach zu knapp und das Loslassen fiel extrem schwer.  Umso schöner finde ich es, dass viele Unternehmer im Münsterland das Thema heute deutlich anders angehen.

Weitere Informationen zum Thema Unternehmensnachfolge im Münsterland finden Sie auf der Homepage der VR-Bank Westmünsterland  sowie der Volksbank Gronau-Ahaus.


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