Zu den Börsen
Martina Aron Weidlich und Rainer Krumm

Endlich raus – aber so, dass die Unternehmenszukunft gesichert ist

Die aktuelle Corona-Krise stellt viele mittelständische Unternehmer vor große Herausforderungen – sowohl in unternehmerischer als auch in persönlicher Hinsicht. Nicht wenige von ihnen denken deshalb zurzeit an ihren wohlverdienten Ruhestand. Wie sich die Unternehmensnachfolge auch in der Krise bewältigen lässt, erklären Martina Aron-Weidlich und Rainer Krumm im Artikel.

Besonders die Generation Babyboomer sehnt sich danach, endlich aus dem Hamsterrad auszusteigen. Viele Inhaber wünschen sich mehr Lebensqualität und gegebenenfalls auch einen anderen Lebensschwerpunkt.

Unternehmerische Erfolge sind hauptsächlich davon abhängig, wie stark und konsequent jemand für „seinen Laden“ glüht. Und auch auf die Energie und den unumstößlichen Willen des Unternehmers, seinen Betrieb zum Fliegen zu bringen, kommt es an. Nur was bedeutet das konkret, wenn ein Unternehmer sich tief drinnen eigentlich innovations- und handlungsmüde fühlt? Oft werden dann wichtige unternehmerische Entscheidungen gar nicht oder inkonsequent getroffen. DIe Folge: Neben der Belegschaft spüren auch die Kunden, dass die Luft irgendwie raus ist.

Überlegungen, wie es weitergehen kann, werden wichtig und Antworten auf Fragen zur Nachfolgeregelung immer drängender. Trotzdem trauen sich viele Unternehmer nicht, sich gerade in der aktuellen Corona-Situation mit der eigenen Nachfolge zu beschäftigen, geschweige denn, konsequent zu handeln. Schließlich steht ein Lebenswerk auf dem Spiel und die fast altruistische Haltung lautet: „Ich darf und kann nicht handeln und mich mit dem Ausscheiden befassen. Denn ein Kapitän verlässt sein Schiff nicht bei rauer See!“ Trügerisch – denn wie wir wissen, bieten gerade Krisen eine Chance für nachhaltige Veränderungen.

Katalysator Krise

In Krisen ist es jedoch umso wichtiger, dass ein Unternehmer als Gallionsfigur vor und hinter seinem Unternehmen steht. Ambivalenz in dieser Einstellung zeigt sich immer auch durch ein geringeres Engagement des Unternehmers und einen verstellten Blick Richtung Zukunft. Dieses innere Defizit wahrzunehmen und die Notwendigkeit einer Veränderung anzuerkennen, ist für viele Herzblut-Unternehmer oft das schwierigste Unterfangen. Krisen als wirkliche Chance zu begreifen, ist nicht einfach. Oft ist der Lebensfokus von Inhabern auf die Bewältigung der aktuellen Situation im Unternehmen gerichtet. Krisen werden gemanaged, Produkte und Dienstleistungen weiterentwickelt, Aufträge abgearbeitet – immer mit 120 Prozent Engagement und mit viel Herzblut.

Die Tatsache, dass wir nur ein Leben zur Verfügung haben, verschärft diesen inneren Druck. Oft leben wir mit diesem Druck unreflektiert nach vorne gerichtet. Erst im Nachgang versteht man, dass sich das Unternehmen oder der Unternehmer schon längst in einer Krise befindet.

Nun sind Krisen oft Wendepunkte, an denen man sich von tradierten Vorgehensweisen und bisherigen Erfolgsrezepten verabschieden muss. Gerade in Krisenzeiten ist es extrem wichtig, sich mit seinen persönlichen Wünschen und Bedürfnissen als Unternehmer auseinanderzusetzen. Für viele ist dies eine emotionale Fremdsprache, die wieder erlernt werden muss. Einfach weiter machen wie bisher – Business as usal – ist bestimmt nicht das richtige Mittel der Wahl. Sie verlängert oft nur

den Leidensweg der angezogenen Handbremse und führt häufig genug in eine persönliche, gesundheitliche und unternehmerische Sackgasse. Viele Beispiele zeigen leider zu genüge, was passiert, wenn Unternehmer nicht rechtzeitig über Veränderungen proaktiv entscheiden. Stattdessen fällt womöglich ein Herzinfarkt oder Schlaganfall die unumgängliche Entscheidung zur Nachfolge.

Im DriverSeat bleiben und aktiv Nachfolge gestalten

Sich mit Würde aus seinem Arbeitsalltag als Unternehmer herausarbeiten heißt, sich Zeit für die Analyse der Ist- und Soll Situation zu nehmen. Objektiv zu bestimmen, welche Möglichkeiten für eine Nachfolgeregelung vorhanden sind, gehört ebenfalls dazu. Betriebswirtschaftliche Hardfacts müssen mit dem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer geklärt werden. Ebenso notwendig für das Gelingen einer Nachfolge ist eine offene und tabulose Innenschau. Zu beantworten sind dabei Fragen nach der privaten und persönlichen Perspektive, nach gesundheitlichen Aspekten und dem Verhältnis zum sozialen Umfeld sowie zur Familie. Dazu braucht es einen objektiven und unverstellten Blick von außen. Hier gilt der Grundsatz: Wenn du ein Problem lösen möchtest, löse dich vom Problem! Deshalb benötigt es sinnvolle externe Unterstützung. Dieser Support kombiniert das Wissen um psychologische und wirtschaftliche Prozesse einer Nachfolge. Denn interne blinde Flecken gibt es überall – eine dritte, allparteiliche Instanz beleuchtet sie wertschätzend und vertraulich.

Der Nachfolgeprozess beinhaltet für den Unternehmer auf jeden Fall ein bewusstes Innehalten. Eine weitere Voraussetzung ist Offenheit für vielleicht unerwartete Antworten auf schwierige Fragen, zum Beispiel:

  • Was will ich? Was ist mir wichtig?
  • Wie geht es mir gesundheitlich? (psychisch und physisch)
  • Welche Wünsche und Bedürfnisse habe ich als Privatperson abseits von der Rolle als Unternehmer?
  • Was ist meiner Familie wichtig?
  • Wie stelle ich mir meine persönliche Zukunft vor?
  • Welche Pläne habe ich nach einer gelungenen Nachfolge?
  • In welcher Ist-Situation befindet sich mein Unternehmen?
  • Welche Knackpunkte sind vorhanden?
  • Welche Chancen sind vorhanden?
  • Wie schaffen ich es als Unternehmer, mit Respekt der bisherigen Leistung sowie Verantwortung den Stakeholdern gegenüber, mein Unternehmen erfolgreich zu übergeben?

Viele dieser Antworten beschreiben eine Lebensrealität, die, ausgesprochen und ans Tageslicht gebracht, Energie für den oft schwierigen Nachfolgeprozess zur Verfügung stellt.

Der richtige Zeitpunkt ist nie oder immer der Richtige!

Wann ist der richtige Zeitpunkt, sich mit seiner Nachfolge zu beschäftigen? Wann wird es Zeit, den unternehmerischen Staffelstab konsequent zu übergeben?

Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass der richtige Zeitpunkt sehr häufig verpasst wird. Dann entsteht aus diversen Gründen oft Zeitdruck. Der setzt zwar wichtige Handlungsimpulse, sollte sich aber nicht in zu simplen Lösungen und ad-hoc-Entscheidungen zeigen.

Sicherlich ist eine der größten Herausforderungen eines Inhabers die strategische Entscheidung über die Zukunft des Unternehmens und die damit verbundenen Schritte für eine passende Nachfolgeregelung. Aus dieser Überlegung ergibt sich ein Prozess, der immer sensibel ist und nicht nach Schema F abgearbeitet werden kann. Denn die Individualität jedes Unternehmens muss dabei im Fokus stehen. Neben den vorhanden Randbedingungen wie Unternehmensgegenstand, Rechtsform, Mitarbeiterstruktur, Unternehmensgröße, aktuelle und zukünftige Kunden, Positionierung am Markt sowie wirtschaftliche Besonderheiten ist die familiäre und persönliche Situation des Inhabers von entscheidender Wichtigkeit. Dies sollte bei einer entsprechend professionellen Beratung in gleicher Weise Berücksichtigung finden.

Sich einen professionellen Nachfolgeprozess zu gönnen, ist ein Luxus, den sich jeder Unternehmer genehmigen sollte. Denn erfahrungsgemäß ist das Finden eines guten Ausstiegszenarios die Voraussetzung, damit der Unternehmer das letzte Lebensdrittel positiv sieht. Nur dann kann man in unsicheren und volatilen Zeiten die Chancen sowie Risiken einer Nachfolge objektiv genau betrachten und die richtigen Rückschlüsse ziehen.


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